Innovation und Restaurierung für Glas in Bau und Architektur
Das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC arbeitet an der Entwicklung von Spezialgläsern für Energietechnik und technische Anwendungen, an der Glasveredelung durch funktionelle und dekorative Beschichtungen sowie an Restaurierungs- und Konservierungskonzepten – u.a. für das Hallenbad Stuttgart-Feuerbach – für historische Gläser und Kulturdenkmäler aus Glas. Auf der glasstec vom 20. bis 23. September 2016 präsentiert das Institut einige Beispiele aus seiner Forschung auf dem Fraunhofer Gemeinschaftsstand D64 in Halle 11.
Restaurierungskonzept für das Hallenbad Stuttgart-Feuerbach
In einem aktuellen Projekt erstellt das Team des Internationalen Zentrums für Kulturgüterschutz und Konservierungsforschung IZKK in der Zweigstelle Bronnbach des Fraunhofer ISC ein Konzept zur Restaurierung der Glasfassade des Schwimmbads Stuttgart-Feuerbach. Die Doppelverglasung der Hallenbadfassade zeigt starke Schäden durch Korrosion. Betroffen sind insbesondere die farbigen Glaselemente, die vom Künstler HAP Grieshaber zwischen 1959 bis 1964 gestaltet wurden.
Um eine weitere Zerstörung der künstlerisch wertvollen Fassade zu verhindern, beauftragte das Hochbauamt der Landeshauptstadt Stuttgart das Fraunhofer ISC mit
der Entwicklung des Restaurierungskonzepts und der Schutzbeschichtung als Anleitung für die eigentlichen Restauratoren. Um ein langfristiges Konzept zur Konservierung, zur Reinigung und zum Schutz der Glasgemälde zu erstellen, analysierte das IZKK zunächst anhand von Testscheiben aus dem Bestand der Schwimmbadverglasung die Materialzusammensetzung mithilfe von Lichtmikroskopie, Querschliffpräparation und einer Kombination aus Röntgenspektroskopie und Rasterelektronenmikroskopie. Untersucht wurden die Glaszusammensetzung und die Glasoberfläche einer unbemalten sowie die Farbzusammensetzung einer bemalten Glasscheibe.
Die Untersuchungsergebnisse zeigen kristalline Ablagerungen aus Calcium- und Natriumsilicatverbindungen, die sich in einer Art weißem Schleier auf der Scheibe niedergeschlagen haben und so nicht nur die Sicht behindern, sondern auch die farbigen Zeichnungen überdecken. Diese Auslaugungen in Form von massiver Glaskorrosion betreffen die Oberflächen im Zwischenraum der Doppelglasscheiben. An lokalen Stellen reicht die Korrosion bis zu 20 Mikrometer in die Tiefe des Flachglases.
Entstanden sind die Schäden durch einen undicht gewordenen Randverbund der Isolierglasscheiben. So konnte Feuchtigkeit in den Glaszwischenraum eindringen und zunächst zur Glasauslaugung und später zur Anreicherung von Korrosionsprodukten und schließlich zur Glasauflösung führen. Auf Basis der Analysebefunde erarbeitete das IZKK ein Konzept zur vorsichtigen farberhaltenden Reinigung der Fassade und entwickelte eine Beschichtung zum Schutz des Glases, die zuvor auf eigens hergestellten Testgläsern erprobt werden. Diese Maßnahmen sollen vor allem die Transparenz der Scheiben sowie die »Lesbarkeit« der Glasmalereien erhöhen. Um ein Voranschreiten der Korrosion zu verhindern, sollen die Gläser außerdem unter Einsatz neuester Technologie wieder in einem Isolierglasverbund verbaut werden.
Glasveredelung und Beschichtung
Neben Restaurierungskonzepten von Gläsern entwickelt das Fraunhofer ISC funktionelle Beschichtungen für Architekturverglasung. Schmutzabweisende Eigenschaften lassen sich mit Antireflex-Eigenschaften in einer Beschichtung kombinieren. Damit veredelte Gläser zeigen durch die spezielle Oberflächenstruktur einen Selbstreinigungseffekt durch Wind und Regen. Erfolgreich eingesetzt wird die staubabweisende Schicht bereits seit längerem auf Außenverglasungen der Kölner Domfenster. Für mehr Licht in Innenräumen sorgt eine andere, spezielle Beschichtung für Fenstergläser. Durchlässig ist die Beschichtung vor allem für den Lichtanteil, der den menschlichen Hormonhaushalt steuert und sich positiv auf den Biorhythmus auswirkt.
Eine weitere Entwicklung des Fraunhofer ISC unterstützt das Klimamanagement in Gebäuden: Hochporöse Glasflakes nehmen kontrolliert Feuchtigkeit auf bzw. geben sie wieder ab und regulieren so die Luftfeuchtigkeit. Eingebracht in Putze und Wandfarben könnten sie so das Raumklima positiv beeinflussen und beispielsweise Schimmelbildung vorbeugen.